Marwin Hitz (23) stammt aus der Jugend
des FC St. Gallen. Im Jahre 2008 wurde er vom deutschen Bundesligisten VfL
Wolfsburg als dritter Torhüter des Erstligakaders verpflichtet. Seinen
ersten Profi-Einsatz für den VfL Wolfsburg bestritt er in der Europa League gegen
den FC Villarreal. Hitz, welcher insgesamt 9 Bundesligaspiele und
4 Europe League Spiele auf dem Buckel hat, stand uns in einem Interview in der
Volkswagen Arena Wolfsburg zur Verfügung und erzählte von dem plötzlichen Debut
bei den Profis und auch Rückschlägen wie das Spiel vor einigen Wochen gegen
Leverkusen (2:3). Wir erlebten einen gut gelaunten Goalie, welcher zwei
Tage vorher noch eine Platzwunde am Kinn erlitten hatte und deswegen mit drei
Stichen genäht wurde.
torwart.de: Wie wichtig war für Dich, dass Dir
Lorenz Köstner im Spiel der Europa League den Vorzug vor Lenz gab?
Marwin Hitz: Es war mit Sicherheit ein wichtiger Schritt in meiner Karriere.
Es war mein erstes Spiel für die Profis überhaupt. Die Nachricht kam sehr überraschend,
etwa 2-3 Stunden vor dem Spiel. Es war ein tolles Gefühl das der Trainer mir
in einem solchen Spiel gleich das Vertrauen ausgesprochen hatte und dieses Vertrauen
wollte ich natürlich zurückgeben.
torwart.de: Welcher Vorteil war es, dass Du bereits unter Köstner in der
2. Mannschaft gespielt hast?
Hitz: Ich weiß jetzt nicht genau, ob das für die Entscheidung letztendlich
entscheidend war. Richtig ist, er kannte mich schon länger und war bei Bekanntgabe
meines ersten Profispieles schon über einen Monat Profitrainer. Er hat es sich
mit Sicherheit gut überlegt mir den Vorzug vor Andre Lenz zu geben. Allgemein
ist es sehr wichtig, als junger Keeper einen Trainer zu haben, der auf einen
baut. Der erste Ansprechpartner für einen Torwart ist allerdings immer der Torwarttrainer.
torwart.de: Welche Erfahrungen hast du in diesem Jahr gezogen nachdem du
raketenhaft in die ersten Spiele gestartet bist und jetzt aber auch weniger
gute Spiele hattest? Wie steckt man diese Höhen und Tiefen weg?
Hitz: Es war mit Sicherheit eine gute Erfahrung. Da waren einige interessante
Spiele dabei und auf der anderen Seite gegen Leverkusen ein nicht so gutes Spiel
dabei. Ich denke, man lernt da auch aus Fehlern und versucht denselben Fehler
nicht noch einmal zu machen. Ich bin jetzt keiner, der nach einem guten Spiel
extrem ins Feiern gerät, aber auch keiner der nach einem schlechten Spiel
tagelang Trübsal bläst. Ich versuche eher eine gerade Linie zu finden.
torwart.de: Welche Philosophie des Torwartspiels verfolgst du?
Hitz: Jeder junge Torwart versucht momentan das moderne Torwartspiel
zu verinnerlichen. Mit den Füssen bin ich sicher nicht schlecht, bei Flanken
kann ich mich verbessern.
torwart.de: Welche Torhüter weltweit kommen dieser Philosophie nahe?
Hitz: Meiner Idealphilosophie kommt Manuel Neuer am nächsten. Er hat
jetzt schon einige Erfahrung sammeln können und ist gerade bei Flanken sehr
stark. Das allgemeine Spiel und Sachen wie Abwürfe macht er fast perfekt und
dazu kommt auch die internationale Erfahrung. Edwin van der Sar muss man hier
natürlich auch erwähnen, welcher schon vor 20 Jahren das moderne Torwartspiel
quasi erfunden hat und immer noch auf hohem Niveau spielt.
torwart.de: Wie stellst Du dir die kommenden 3-5 Jahre als Profi vor?
Hitz: Ich bin jemand, der nicht zu weit in die Zukunft schaut oder von
irgendwelchen Vereinen träumt. Mein Ziel sollte sein, beim VfL Wolfsburg in
den kommenden Jahren den nächsten Schritt zu machen und dann kann man weitersehen.
Ich bin sehr zufrieden mit dem Umfeld hier im Verein und versuche mein Bestes.
torwart.de: Inwiefern ist es wichtig, dass sich Deine Ideen zum Torwartspiel
mit den Ideen von Eurem Torwarttrainer Hilfiker decken?
Hitz: Ganz klar, natürlich entscheidet der Trainer wer spielt. Der Torwarttrainer
sieht täglich die Stärken und Schwächen des Torwarts. Der Torwarttrainer weiß
wie das moderne Spiel geht und bildet sich andauernd weiter. Unser Torwarttrainer
Hilfiker hat die gleiche Vision eines modernen Torwarts wie auch ich und Diego
Benaglio.
torwart.de: Gibt es bestimmte Bereiche, in denen Du bewusst mehr arbeitest?
Hitz: Die schon eben erwähnten Flanken versuche ich schon stärker zu
üben, dies kannst Du meiner Meinung nach im Training nicht trainieren. Du brauchst
die Spielpraxis bei den Profis und mit der Erfahrung kommt die Routine. Selbst
die Spiele mit der zweiten Mannschaft sind nicht zu vergleichen. Natürlich ist
unser Torwarttraining sehr ausgeglichen und der Torwarttrainer weiß da schon,
welche Anreize er setzen muss.
torwart.de: Was macht die Faszination Bundesliga für dich aus. Im Besonderen
als Torwart?
Hitz: Was mir gefällt ist, dass ich mit meiner Familie ins Stadion gehen
kann und die Sicherheit sehr groß ist. Der Fußball an sich ist sehr offensiv
und es fallen viele Tore. Die Bundesliga ist sehr ausgeglichen und das merkt
man insbesondere als Torwart. Ich denke auch, dass dies in der Zukunft noch
stärker ausgeprägt sein wird.
torwart.de: Welche Ziele habt ihr bis zur Winterpause und dann in der Rückrunde?
Hitz: Ganz klar, wir müssen mehr Punkte sammeln und uns stabilisieren.
Wir sind ein Team mit hervorragenden Einzelakteuren und können mit der derzeitigen
Tabellensituation nicht zufrieden sein. In der Winterpause müssen wir vergangenes
reflektieren und die Grundlagen für eine bessere Rueckrunde legen.
torwart.de: Beschreibe dein Verhältnis zu Benaglio auf und neben dem Platz?
Hitz: Ja, wir verstehen uns sehr gut und machen auch was neben dem Platz.
Als ich hier ankam, hat er mir gleich geholfen und wir versuchen auch im Training
uns gegenseitig zu Höchstleistungen zu bringen.
torwart.de: Was bedeutet euch, dass Ihr als Schweizer Torwartteam (Benaglio,
Hitz und Hilfiker) die deutsche Bundesliga aufmischt?
Hitz: (lacht) Aufmischen tun wir sie ja momentan noch nicht… Ich würde
hier auch nicht von der Schweizer Torwartschule sprechen. Es ist schon ein riesengroßer
Zufall dass wir drei alle Schweizer sind. Joerg Stiel hat ja neben Andreas Hilfiker
und Pascal Zuberbühler auch in der Bundesliga gespielt und nun sind eben Diego
Benaglio und ich aktuell dabei.
torwart.de: Wird in der Schweiz die bessere Grundlagenarbeit im Torwartbereich
gemacht?
Hitz: Deutschland hat im Fußball allgemein die Nase vorn, sei es die
Technik oder Physis. Bei dem Torwartbereich wurde ich vom selben Torwarttrainer
wie auch Diego Benaglio, nämlich Milan Sarovic bei den Grasshoppers Zürich,
entdeckt. Er hat in der Schweiz so gut wie alle Torhüter rausgebracht und hat
ein gutes Auge für Talente.
torwart.de: Was schätzt du an der Arbeit mit Dennis Rudel (TW-Trainer 2.
Mannschaft)
Hitz: Es ist gut zu wissen, dass wenn man runterkommt auch dort professionell
gearbeitet wird und nicht ein wenig rum eiert. Ich komme gerne runter und empfinde
Denis Rudel, auch wenn er noch jung ist, als sehr kompetent.
torwart.de: Gibt es mentales Training und die Unterstützung durch Sportpsychologen?
Hitz: Das gibt es generell, aber habe ich so für mich selber noch nie
in Anspruch genommen.
torwart.de: Wie sieht die Zusammenarbeit mit adidas im Bereich der Handschuhe
aus?
Hitz: Ich habe die adidas Handschuhe schon etwas länger und habe sie
bis jetzt immer über die Schweiz bekommen und bin sehr zufrieden mit denen.
torwart.de: Bist du eher ein Handschuhfreak oder sind die Handschuhe eher
gutes Werkzeug?
Hitz: Für mich ist das wahrscheinlich eher gutes Werkzeug. Hauptsache,
ich fühle mich in ihnen wohl und habe ein gutes Gefühl wenn ich im Spiel stehe.
Ich hab angefangen von Puma bis Uhlsport alles getestet, teilweise mal im Training,
aber im 1. Spiel war adidas dabei und ich habe da eine Art Kontinuität drin.
torwart.de: Wie dürfen wir uns das Leben in Wolfsburg vorstellen?
Hitz: Man kann gut leben hier. Es gibt alles was es braucht. Klar ist
das nicht die Großstadt, aber ich komme auch nicht von der Großstadt. Ich fühle
mich sehr wohl. Wenn man was unternehmen möchte, gibt es etliche Optionen. Ich
war auch schon in Berlin und Hamburg an freien Tagen. Generell habe ich auch
gerne meine Ruhe in meiner Wohnung und bin froh wenn ich die Tür schließen kann
nach einem anstrengenden Tag.
torwart.de: Wie ist deine Meinung zu dem neuen Einheitsball „Torfabrik“?
Hitz: Es ist bestimmt ein Vorteil, dass alle den gleichen Ball haben.
Zum Ball selber kann jeder seine eigene Meinung haben. Sicherlich flattert er
mehr, aber wir alle müssen mit dem selben Ball auskommen. Die Bälle in der Zukunft
werden wahrscheinlich noch schwieriger zu halten sein, so dass wir Torhüter
noch mehr auf der Hut sein müssen.
torwart.de: Danke für das Gespräch!
Hitz: Sehr gerne!
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