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Torwart Köpke – der Garant für den Titel

„KOUBAAA!!“, brüllt TV-Kommentator Belá Rethy in der Nacht am 30. Juni 1996 und stürzt damit eine ganze Nation in den Freudentaumel. Wenige Augenblicke zuvor hatte der wie durch ein kleines Wunder wiedergenesene Jürgen Klinsmann in der Verlängerung des EM-Endspiels zwischen Deutschland und Tschechien den Ball zu Oliver Bierhoff gepasst. Der klobige Mittelstürmer nahm den Ball an, hielt ihn mit dem Rücken zum Tor, einen Moment lang schien Bierhoff die Orientierung verloren zu haben. Marco Bode, der stille Bremer brüllt seinem Mitspieler etwas zu, der dreht sich und schießt mit links auf das tschechische Tor. Eine harmlose Aktion, im nächsten Moment wird Petr Kouba den Ball einfangen und mit einem weiten Abwurf versuchen, den Gegenangriff einzuleiten. Doch: Kouba kann den Ball nicht fassen, seine Füße scheinen am Boden festzukleben, das Leder rutscht dem erfahrenen Schlussmann über die Handschuhe, tröpfelt gegen den Innenpfosten und von da ins Tor. Stefan Kuntz, der schlitzohrige Stürmer, der auf einen Abpraller gehofft hatte, erkennt als Erster das Tor und reißt jubelnd die Arme hoch. Später wird er sagen: „Mir war in diesem Moment gar nicht bewusst, dass das Spiel nun zu Ende ist!“ TV-Mann Rethy hat die Situation jedoch schnell erfasst und sagt seinen berühmtesten Satz: „Deutschland ist Europameister durch das erste Golden Goal der Geschichte!“

Bierhoff hat sich längst enthemmt das Trikot vom Leib gerissen und kann erst nach einigen Metern von seinen euphorisierten Mitspielern eingefangen werden. Alle werfen sich auf den noch vor dem Turnier weitestgehend unbekannten Offensivspieler, zu dessen Legende es gehört, dass angeblich die Frau von Bundestrainer Berti Vogts den entscheidenden Ausschlag dafür gegeben haben soll, Bierhoff zu nominieren. Das Finale im Wembleystadion ist sein erster Einsatz während der Euro im Fußball-Mutterland England. Eine grandiose Einwechslung: Mit einem wuchtigen Kopfball hatte der sprunggewaltige Angreifer in der 73. Minute den Ausgleich erzielt und die deutsche Nationalmannschaft damit erst in die Verlängerung gebracht.

Ohne Zweifel: Für den Moment des Augenblicks ist Bierhoff der Mann der Stunde, doch als sich wenige Tage nach dem Endspiel die ersten Wogen der Begeisterung gelegt haben, stellt die Fachwelt klar, wer der entscheidende Mann für den deutschen Triumph 1996 war: Andreas Köpke. Der heutige Torwarttrainer der DFB-Auswahl beweist bei seinem ersten Turnier sein ganzes Können: Er ist unglaublich gewandt auf der Linie, souverän beherrscht er den Strafraum und seine geringe Körpergröße (1,82 Meter) gleicht er im Luftkampf mit einer ausgefeilten Fausttechnik aus. Seine Abwehr mit beiden Fäusten wird zu einem Symbol der deutschen Spielweise beim Turnier in England. Außerdem zeigt sich, dass Köpke ein echter Elfmeterkiller ist. Im Halbfinale gegen die Gastgeber kann Köpke im Elfmeterschießen gegen Southgate parieren, Andreas Möller trifft zum entscheidenden 7:6-Endstand.

Auch im Finale ist es Köpke, der mit seinen Glanzparaden erst den Weg zum Titel ebnet. Seine größte Aktion hat er in der Verlängerung: Tschechiens Offensivkraft Smicer lässt einen gewaltigen Schuss ab, der Ball setzt einmal auf und wird damit fast unberechenbar. Doch Köpke bekommt mit seiner präzisen Technik auch an diesen Ball seine Hände und wehrt zur Ecke ab. Es wäre das erste Golden Goal der Geschichte gewesen. Allerdings für die Tschechen. Wenige Minuten später zeigt ihnen Oliver Bierhoff, wie das geht.

 


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