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Bundesliga - "hautnah" bei torwart.de (10.04.08)

Von der Insel zurück nach Deutschland

aus: HALBVIER Nr. 15 (Stadionmagazin Arminia Bielefeld) von Volker Backes

 


Bielefeld – Man kennt das aus dem echten Leben: Der Großteil der Rentner hat unmittelbar im Anschluss an die lebensabschnittsgebundene Arbeitsniederlegung keine Zeit mehr, weil, so die landläufig einhellige Begründung, man sich fortan um alles kümmern müsse. Und dass sich das sogar in der Wunderwelt des Fußballs ähnlich verhält, ahnt jetzt auch Arminias Springer zwischen den Pfosten, Dirk Heinen.

Nimmt man Torhüter Dirk Heinen beim Wort, könnte man zu dem Schluss gelangen, dass es dem 37-Jährigen derzeit schlecht gehen müsse. Er möge es nicht, im Mittelpunkt zu stehen, sagt er, er habe genug vom hektischen Tingeln eines Fußballprofis gehabt und wollte nach seinem Eintritt in den Ruhestand Ende der vergangenen Saison ein Sabbatjahr an seinem neuen Lebensmittelpunkt in Waterford, Irland, einlegen. „Ich war 17 Jahre lang Fußballprofi, habe insgesamt 27 Jahre nur für den Fußball gelebt, wenn man die Jugend mit einrechnet. Daher brauchte ich Abstand zu meinem bisherigen Leben, um runterzukommen, mich zu sortieren und beruflich neu zu orientieren“, erläutert er mit einem Lachen. Doch ein einziger Anruf im Dezember letzten Jahres machte den gut klingenden Plan zunichte. Und auf einmal reißen sich die Medien um den zuvor von ihnen Vergessenen, der fortan so selbstverständlich zwischen Cork, Irland, und Bielefeld, Ostwestfalen, pendelt wie andere zwischen Brackwede und Isselhorst. Das klingt nicht nur stressig, das ist es auch, aber Dirk Heinen macht es ganz offensichtlich glücklich und ausgeglichen und zwar so richtig. „Schuld“ an der wundersamen Geschichte hat Arminias Torwarttrainer Thomas Schlieck. Als sich die etatmäßige Nummer Eins im Tor des DSC, Mathias Hain, im Dezember 2007 zum Ende der Hinserie verletzte und Ersatzmann Rowen Fernandez mit der Nationalelf Südafrikas zum Afrika-Cup nach Ghana aufbrach, griff der Ausbilder zum Telefon und unterbreitete dem Ruheständler Heinen einen Notfallplan. Er solle sich mal für den Fall der Fälle fit halten, ordnete Schlieck an und übermittelte auch gleich ein kleines Trainingsprogramm auf die grüne Insel. Als Fernandez verletzt aus Ghana zurückkehrte, setzte sich Heinen ein erstes Mal Richtung Bielefeld in Bewegung und trainierte fleißig mit.

Nach der erfolgreichen Genesung der beiden hauptamtlichen Hüter, kehrte Heinen nach Waterford zurück. Endgültig zu seinen Schafen zurückgekehrt sei er, übermittelten die Medien und lagen gleich doppelt falsch. Denn erstens „habe ich keine Schafe, ich weiß nicht, wie das in die Medien gekommen ist“, erläutert er unbeirrt und kopfschüttelnd. Nun, der Weg des Gerüchts ist wohl einfacher Natur. Irgendjemand hat die Halbwahrheit in das Internetlexikon Wikipedia eingetragen, ganz fürsorglich sogar in die deutsche und englische Variante. Einmal drin, geht die Meldung eben rund, wie wahr das alles ist, interessiert dann nicht mehr. Also, Dirk Heinen hat keine Schafe, sein Nachbar besitzt welche, Heinen hat auch schon einmal herübergeschaut, ob alles in Ordnung ist mit den Tieren, aber ihretwegen ist er nicht hergekommen. Auch nicht wegen der Stille der irischen Wälder, wie andernorts zu lesen war, denn dafür ist Irland nicht bekannt. „Es gibt einen Strand in der Nähe und Felsen, angeblich spielt eine Krimiserie in einer ähnlichen Gegend“, erläutert der Torhüter sein neues Wohnumfeld. Was ihn auf die Insel brachte, war nach dem Tod der eigenen Eltern vor einigen Jahren der Familienwunsch, sich in der Nähe der Schwiegereltern niederzulassen. Dort sind sie nun dabei, sich ein Haus weitestgehend nach ihren Vorstellungen zu gestalten.

 

„Gott hat mich nach Bielefeld geschickt“

Beim Kacheln der Küche ereilte Dirk Heinen Anfang März die Erkenntnis, dass in Sachen Ruhestandsunterbrechung noch nicht das letzte Wort gesprochen war. Via Telefon übermittelte Thomas Schlieck die Nachricht vom erneuten Verletzungspech Mathias Hains und Heinen setzte sich abermals in Bewegung. Nach einer wahren Flug-Odyssee mit einer Reihe Umstiegen in Städten, die man nicht unbedingt in einer Linie zwischen Cork und Bielefeld vermuten würde, landete der Ersatz-Ersatz nur ein wenig mehr als einen Tag vor dem bedeutenden Auswärtsspiel des DSC bei Hannover 96 in Ostwestfalen. Das Vorbereitungsprogramm bestand aus Ausschlafen und einer kleinen Dosis Mannschaftstraining. „Ich habe mich geschont und jeden dritten Ball durchgelassen“, witzelte Dirk Heinen später. Denn in Hannover feierte der gebürtige Kölner seine unerwartete Rückkehr auf die Bundesligabühne, nachdem sich Rowen Fernandez im Spiel eine Ellenbogenverletzung zuzog. Anfangs sei er ein wenig aufgeregt gewesen, gesteht der Routinier, „doch dann habe ich meine Stutzen gerichtet, in die Handschuhe gespuckt und wusste, dass es losgeht.“ Und wie es losging. Heinen war voll da und hielt die Arminen im Spiel. Gegen Stajners 2:2-Ausgleichstreffer war er machtlos, doch mit einem unglaublichen Reflex rettete er in letzter Sekunde den wichtigen Punkt für die Blauen. Die Heldengeschichte war perfekt, Heinen wanderte durch die Medien. Auch wenn er sehr glaubwürdig die Auffassung vertritt, nicht gerne im Mittelpunkt zu stehen und auch wenn er die Öffentlichkeit nicht eben sucht, ist ihm die Freude an der Situation doch deutlich anzumerken. Es ist die gerechte Bühne für jemanden, der nach einer langen aktiven Zeit etwas zu leise und zu unbemerkt verschwand und wohl auch deswegen die Nase voll hatte von allem. „Ich glaube, Gott wollte mich noch einmal nach Bielefeld schicken“, mutmaßt der gläubige Torhüter, denn Bielefeld wollte ihm noch etwas von dem zurückgeben, was ihm an Träumen vor genau zehn Jahren hier genommen wurde. Ein Zusammenprall mit dem Bielefelder Jörg Böhme und der daraus resultierende Schädelbruch in einem Saisonvorbereitungsspiel 1998 bedeutete für Heinen das Ende aller Hoffnungen auf eine internationale Karriere mit leisem Blick Richtung Nationalelf. Doch Heinen hegt keinen Groll, Böhme traf keine Schuld, weswegen die Aktion nun bei ihrem neuerlichen Zusammentreffen zwischen den beiden auch kein Thema war. „Jörg Böhme hat damals schon den Kontakt zu mir gehalten und sich nach meinem Befinden erkundigt“, erzählt Dirk Heinen und fügt ungerührt an, dass so etwas im Fußball nun einmal passiere: „Wenn du deinen Profivertrag unterschreibst, ist das auch zugleich die Einlieferung ins Krankenhaus.“ Nun hat der Keeper wieder ein wenig Blut geleckt und bekennt, das Fangen von Bällen doch etwas vermisst zu haben. Er wolle allerdings kein Torwart-Opa werden, der bis ins hohe Alter im Standby-Modus zur Verfügung stehe, stellt er lachend klar. Denn unabhängig davon, um welchen Zeitraum er seine Karriere noch verlängert, steht für den gläubigen Christen fest, dass er sich fortan um den Torhüternachwuchs kümmern will, nicht nur auf sportlicher Ebene, sondern vor allem sozial. „Ich möchte ihnen Werte vermitteln, sei es über die Arbeit in einer Torwartschule oder auf Verbandsebene. Es ist gefährlich für Kinder, die mit zwölf, dreizehn Jahren schon Vorverträge bei Profivereinen haben.“ Heinen weiß, wovon er spricht, begann doch seine Karriere auch im Grunde mit zehn Jahren. Die Jugendlichen würden im Prinzip wie eine Ware behandelt, erklärt Heinen, und könnten schnell ins Nichts fallen, wenn man sich nicht um sie kümmere.

Er selbst sei damals sehr behütet gewesen, sagt der Wahl-Ire, was ihn allerdings zu Beginn seiner Karriere auch nicht davon abgehalten hat, ein wenig ziellos durch das schöne Profileben zu tingeln. Die Bedeutung der Suche nach einem tieferen Sinn im Leben, erkannte Dirk Heinen am Sterbebett seiner Schwester, die mit 38 Jahren an Krebs verstarb. „Sie hatte materiell alles und am Ende trotzdem nichts davon“, schloss der Torhüter und fand über Mitspieler Paulo Sergio und einen Küchenverkäufer schließlich zu seinem Glauben. Es haftet nichts Missionarisches an Dirk Heinen, er handelt und spricht aus innerer Überzeugung und möchte seine Erfahrung an andere weitergeben. Gerade das lässt ihn so authentisch erscheinen und verleiht ihm eine angenehme Leichtigkeit. Der Hang zum Scherzen ist ihm auch geblieben. Auf die Abschlussfrage, warum Torhüter sogar auf der Ersatzbank noch Handschuhe tragen, lächelt er kurz und sagt dann: „Du bekommst ein gutes Gefühl für die Handschuhe. Du freust dich ja auch nachts, wenn du vom Klo zurückkehrst, und die Bettdecke noch warm ist.


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