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TORWART Magazin 01/2010

"Robert Enke: Was bleibt?" (Teil I)

von Johannes Fröstl


Vor sechs Jahren hat Robert Enke Suizid begangen. Der Tod des Ex-Nationaltorhüters hat ganz Deutschland schockiert. Doch die Frage bleibt, ob sich bis heute etwas verändert hat? Daher veröffentlicht torwart.de noch einmal einen Beitrag über Robert Enke aus "TORWART" (01/2010).

Über das Leben und Sterben des Robert Enke ist viel geschrieben worden. Einige sagen: zu viel. Das Torwart-Magazin will den Fall Robert Enke deshalb aus einer etwas anderen Perspektive betrachten: mit Abstand.

Scheinbar erschöpfende Analysen wurden betrieben - aus berufenem und weniger berufenem Munde. Peter Neururer und Christoph Daum gaben unvermeidliche Statements ab. Fans, Journalisten und Johannes B. Kerner: Alle versuchten der Frage auf den Grund zu gehen: warum? Sagt der Tod von Robert Enke etwas aus? Über die Gesellschaft, den Leistungssport, das Torwartspiel? Oder ist der Tod schlicht das tragische Ergebnis einer heimtückischen Krankheit?

„Deisler ist die größte Fehlinvestition des FC Bayern München.“
- Zitat von Edmund Stoiber als der Bayern-Spieler Deisler aufgrund einer Depression seine Karriere beendete.

„Der soll sich nicht so anstellen, der bekommt Millionen! Ich würd jedenfalls gerne mit dem Weichei tauschen!“ Von vielen Menschen ist dieser Satz angedacht, ausgesprochen oder aufgeschrieben worden. Er galt Sebastian Deisler, der einst als Jahrhunderttalent gepriesen wurde, bevor er seine Karriere wegen einer schweren Depression beenden musste. Der Gedanke offenbart genau jenes tiefe Unverständnis, mit dem Erkrankte oft leben müssen. Dabei ist es doch eigentlich ganz einfach: Was nützt der größte Reichtum der Welt, wenn es einem elend geht? Und wer würde wirklich mit jemandem tauschen wollen, dessen Gemüt so schwer ist, dass er manchmal nicht mehr leben mag?

Deislers Krankheit und Karriereende sind von der Fußballöffentlichkeit mit mäßigem Verständnis aufgenommen worden. Mannschaftskollegen verspotteten ihn als „Deislerin“ und Aufsichtsrat Edmund Stoiber quittierte die Krankheit des ehemaligen Nationalspielers wenig einfühlsam: „Deisler ist die größte Fehlinvestition des FC Bayern München.“

Robert Enke beendete nicht nur seine Karriere, sondern sein Leben. Dieser radikale Entschluss hat vielen eine Ahnung, eine kleine Idee davon vermittelt, was es bedeuten muss, an Depressionen zu leiden. Auch wenn in der programmatischen Frage nach dem Warum wiederum der Gedanke zu stecken scheint, dass der Selbstmord eines erfolgreichen Profifußballers, glücklich verheiratet noch dazu, in sich widersprüchlich sein muss.

"35000 Menschen, die einfach traurig waren"

Bevor die mediale Verwurstung des Selbstmords Fahrt aufnahm, als noch Raum war für spontane und ehrliche Emotionen, sammelten sich in Hannover 35000 Menschen, die einfach traurig waren. Traurig und schockiert darüber, dass ihr Robert Enke tot ist. Die damalige EKD-Vorsitzende Margot Käßmann hielt eine berührende Andacht, nach der eigentlich alles gesagt war, und die Menschenmassen pilgerten in ihrer Trauer vereint von der Kirche zum Stadion.

Die Meldung über den Tod von Robert Enke verbreite sich am Abend des 10. November in Windeseile und glich einer Schockwelle. Fassungslosigkeit und Trauer waren vereinsgrenzenlos und schnell war denjenigen, denen der Name des Torwarts nichts sagte, klar, dass hier ein besonderer Mensch verstorben war. Jemand, der Respekt genoss, und den die Menschen mochten.

In den Tagen nach seinem Tod wurde Robert Enke zum beherrschenden Thema in den deutschen Medien. Die Pressekonferenz seiner Witwe, Bilder vom Unfallort, Porträts, Sondersendungen. Das Thema war Aufmacher von der Tagesschau bis zur Times. Es gab kein Entkommen, selbst die Lindenstraße griff den Tod des Torwarts auf. Aus der Flut der Bilder ragten einige wenige heraus und brannten sich ins kollektive Gedächtnis. So etwa die Aufnahmen von Bierhoff und Ballack, die beide als besonders smarte und glatte Persönlichkeiten gelten. Sie weinten Tränen der Fassungslosigkeit und standen damit für die gesamte große kleine Fußballwelt, die tief getroffen und emotionalisiert war. Kritiker nannten das einen Hype, fanden die Anteilnahme übertrieben oder gar unehrlich und sahen Robert Enke als „Lady Di für Männer“.

„Du kanntest uns nicht, aber wir haben einen guten Freund verloren.“

Doch die Trauer der Fans war echt. Wer das begreifen will, muss nur einen Blick in eine Sonderbeilage der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung werfen, die kurz nach Enkes Tod erschien. In mehr als 200 Traueranzeigen bringen Menschen das für sie Unfassbare zum Ausdruck und kaum eines der vielen Worte erfasste das Gefühl vieler Leute in diesen Tagen und Wochen so wie die Anzeige von Andreas, Olivia und Mia. Sie schrieben schlicht: „Du kanntest uns nicht, aber wir haben einen guten Freund verloren.“ Viele bekannten nach Enkes Tod mit einem diffus-beschämten Gefühl, um den Torwart mehr Tränen vergossen zu haben als für den eigenen Opa.

Robert Enkes enormes Ansehen in Hannover ist nicht erst durch seinen Tod geboren. Es ist das erklärliche Ergebnis von 164 Bundesligaspielen für den Verein, von seinem Wirken abseits des Rasens. Als Robert Enke 2004 nach Hannover kam, waren die Erwartungen gemischt. Da war einerseits die Unstetigkeit seiner bisherigen Karriere, andererseits das erkennbar große Potenzial. Einige träumten bereits davon, dass endlich der legitime Nachfolger der 96-Legende Jörg Sievers angekommen sein könnte. Andere wiesen den Vergleich scharf zurück: Enke müsse sich zunächst lange für den Verein bewähren. Das hat er getan und so kommt es, dass heute in Hannover in der Diskussion um ein angemessenes Erinnern nur noch darum gestritten wird, ob es ein eigener Straßenname für Enke tut oder ob gleich eine Statue hermuss.
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