Gerhard Tremmel spielt seit August 2011 bei Swansea City. Swansea liegt in Wales und spielt seit der Saison 2011/12 in der höchsten englischen Liga, der Premier League. torwart.de hat mit dem deutschen Keeper über den englischen Fußball, das Ansehen der deutschen Torhüter auf der Insel und seine eigene Situation gesprochen.

torwart.de: Ein halbes Jahr auf der Insel. Kannst du bereits ein Fazit ziehen?

Gerhard Tremmel: Es ist natürlich schwierig, nach einem halben Jahr bereits ein Fazit zu ziehen. Ich kann aber sagen, dass ich ganz zufrieden bin. Auch wenn ich mir natürlich gewünscht hätte, mehr Spiele zu absolvieren. Aber ich habe hier im Verein Spaß und das ist wichtig für mich.

torwart.de: Wie ist deine Situation im Verein?

Tremmel: Ich bin hier die Nummer zwei, durfte aber bereits zweimal im FA-Cup spielen und spiele auch ab und zu in der Reserve Premier League. Am letzten Wochenende habe ich gegen Bolton Wanderers gespielt und konnte eigentlich eine ganz gute Leistung zeigen. Leider ist mir ein Fehler unterlaufen, der zu einem Gegentor führte.

torwart.de: Ist es schwierig, wenn du nicht eine regelmäßige Spielpraxis hast, in solchen Spielen eine Topleistung zu bringen?

Tremmel: Im Spiel gegen Bolton war es so, dass etwa zehn Spieler von uns keine Stammspieler bzw. neu im Team waren. Da ist es allgemein natürlich etwas schwieriger, aber ich denke, dass ich mit meiner Erfahrung das auch kompensieren kann. Wir haben gut gespielt und hätten auch gewinnen müssen.

torwart.de: In den letzten Jahren haben es einige, deutsche Torhüter erfolgslos versucht einen Verein in England zu finden. Doch geklappt hatte es nur bei den Wenigsten. Woran liegt das?

Tremmel: Es ist so, dass in England eine andere Sichtweise gegenüber deutschen Torhütern herrscht. In Deutschland denken wir, in großen Teilen auch zu Recht, dass wir die besten Torhüter haben. Auch ich glaube das. Aber: In England ist es so, dass weniger auf jedes Detail geschaut wird, wie etwa Flankenverhalten oder Strafraumbeherrschung usw.. In England musst du einfach nur groß sein, keine Fehler machen und ab und an ein gutes „Save“ bringen.

torwart.de: Somit ist es also schwieriger für Deutschlands Torhüter nach England zu kommen?

Tremmel: Die Engländer schauen sich nicht unbedingt nach deutschen Torhütern um, weil es auf der ganzen Welt gute Torhüter gibt. Die besten Keeper der Welt sind ja nicht nur aus Deutschland. So holen sich die Vereine die ganzen Nationaltorhüter aller Länder nach ihren eigenen Kriterien.

torwart.de: Wie ändert sich für einen Torhüter die Spielweise in der Premier League?

Tremmel: Es ist eine ganz andere Spielart dort. Du musst nur ein gutes Save machen, dann reicht das deinem Verein schon. In Deutschland ist alles sehr diszipliniert, taktische Disziplin ist hier aber wenig gefordert. Der Keeper kommt so in andere Spielsituationen.

torwart.de: Welche Spielweise kommt dir mehr entgegen?

Tremmel: Ich war jahrelang in Deutschland, aber mir gefällt die Art und Weise wie Engländer allgemein den Sport betrachten. Man sieht es auf der Tribüne: In England geht es nur um den Sport an sich.

torwart.de: Was hat sich in Bezug auf dein Torwarttraining verändert?

Tremmel: Das Torwarttraining ist hier sehr intensiv. Wir trainieren hier täglich ca. 40-50 Minuten mit dem Torwarttrainer. Die Übungen sind minimal unterschiedlich, aber ich weiß mittlerweile worauf es ankommt.

torwart.de: Was ist dir im Vergleich zum Mannschaftstraining aufgefallen?

Tremmel: In England wird weniger gemeckert und sich auf das Wesentliche konzentriert.

torwart.de: Hat Jens Lehmann das Bild des deutschen Torwarts in England geprägt?

Tremmel: Wie ich schon sagte, gibt es hier viele verschiedene Nationalitäten, von daher gibt es den Fokus auf ein Land nicht so sehr. Aber Jens Lehmann hat hier wirklich einen guten Ruf hinterlassen.

torwart.de: Aktuell ist der Torwartmarkt sehr schwierig und junge Torhüter stehen im Vordergrund. War das ein Grund, weshalb du nach England bist?

Tremmel: Nein, mein Traum war es immer nach England zu gehen und dort zu spielen. Ich ärgere mich, dass ich nicht schon früher hierher bin. Die Sache mit den jungen Torleuten ist in Deutschland auch viel von den Medien gehypt worden. Es gibt nur wenig junge Torhüter, die wirklich überragend sind. In England hätte es ein 22-Jähriger nicht so leicht, auf einmal zu spielen.

torwart.de: Wie kam der Kontakt nach England zu Stande?

Tremmel: Da bin ich ganz stolz auf mich. Ich habe alles aus eigener Hand geschafft und eingeleitet. Ohne Hilfe von außen habe ich mir ein Probetraining besorgt und dann wurde ich kurze Zeit später gefragt, ob ich nicht eine Halbzeit in einem Testspiel schon spielen könnte. Da war eigentlich dann klar, dass sie mich wollten, auch wenn der Wechsel dann noch etwas dauerte.

torwart.de: Konntest du dich schnell einleben?

Tremmel: Sprachlich habe ich in der Schule eigentlich ein gutes Grundwissen bekommen. Persönlich war es für mich nicht der erste Wechsel, von daher ging es. Aber natürlich waren einige Dinge im Alltag erst mal ein wenig anders.

torwart.de: Dein Vertrag läuft bis 2013. Wie ist deine Planung?

Tremmel: Momentan fühle ich mich ganz wohl hier. Aber im Sommer muss ich die Situation natürlich bewerten und sehen, welche Perspektiven ich bekomme. Vielleicht ergibt sich ja auch etwas in Deutschland wieder.

torwart.de: Und welche Ziele hast du mit deinem Team?

Tremmel: Wir wollen den Nichtabstieg sichern. Wir sind Aufsteiger und da ist es ähnlich wie in Deutschland, du bist immer erst mal der Außenseiter.

torwart.de: Danke für das Gespräch.

Tremmel: Bitte sehr.