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Zuhause auf Schalke und in Chemnitz: Ralf Fährmann und seine Mutter Heike über die Bedeutung von Familie für seinen Karriereweg

von Sport1 / M. Schäfer


Zuhause auf Schalke und bei Mama in Chemnitz – das große „FUSSBALL & FAMILIE"-Interview zum Muttertag mit Ralf Fährmann und seiner Mutter Heike, seiner größten Kritikerin: Für Schalke-Torhüter Ralf Fährmann stand am Wochenende der 32. Bundesliga-Spieltag im Fokus – mit 2:4 verloren die bereits als Absteiger feststehenden „Königsblauen" im Auswärtsspiel bei der TSG 1899 Hoffenheim. Weg von zuhause, aber trotzdem daheim fühlt sich der 32-Jährige gebürtige Chemnitzer schon lange in Gelsenkirchen – schließlich wechselte er bereits mit 14 Jahren in die berühmte „Knappenschmiede".

Im heute erschienenen Exklusiv-Interview mit Deutschlands größtem Sport-Supplement „FUSSBALL & FAMILIE" spricht Fährmann zusammen mit seiner Mutter unter anderem über die schwierige Zeit für die Familie nach seinem Wechsel vom Rande des Erzgebirges ins Ruhrgebiet, seine Ersatzmutter im Internat und seinen weiteren Karriereweg, über die Bedeutung von Familie und Luxus sowie seine Tattoos – mit S04 im Herzen und auf der Haut. In ihrem ersten Interview überhaupt erzählt Heike Fährmann auch, mit welchem Ritual sie die Spiele ihres Sohns verfolgt und warum sie stinksauer wurde, als er sich einen Ferrari kaufte. Die wichtigsten Aussagen aus dem von Patrick Berger geführten Interview mit Ralf und Heike Fährmann im Folgenden:

Heike Fährmann: „Um das gleich mal vorweg klarzustellen: Das ist mein allererstes Interview, und ich bin ziemlich aufgeregt. Gehen Sie also sachte mit mir um [lacht]."

Ralf Fährmann: „Dieses Interview ist auch für mich etwas Besonderes, weil meine Mama dabei ist. Sie hat total viel investiert, damit ich heute Profitorwart bin. Es war auch für sie nicht einfach. Ich bin gespannt, was sie zu sagen hat, und lehne mich mal locker zurück."

Wie oft kommt Mama denn zu Besuch?

Heike: „Früher waren wir fast bei jedem Heimspiel. Und oft bei Auswärtsspielen in unserer Nähe. Mittlerweile ist das ein bisschen abgeflacht. Ich habe vor Jahren von Ralf zu Weihnachten einen Sky-Receiver geschenkt bekommen und schaue also auch gern gemütlich von der Couch aus zu. Und ich bin sein größter Kritiker. Ich sehe gewiss nicht alles durch die rosarote Mama-Brille."

Infos zu Ralf Fährmann:
  • Nationalität: Deutsch
  • Geburtstag: 27. September 1988
  • Verein: FC Schalke 04
  • Position: Torwart
  • Liga: Bundesliga
  • BL-Spiele: 215
  • Größe (cm): 1,97m
  • Bisherige Vereine als Spieler: Chemnitzer FC (1998 - 2003), E. Frankfurt (2009 - 2011), Norwich City (2019 - 2020) - In den Zwischenräumen bei Schalke 04
  • Erfolge: Deutscher Superpokalsieger (2011/12), Deutscher A-Jugend-Meister (2005/06)

Wie schaut Mama Fährmann die Bundesliga-Spiele ihres Sohnes?

Heike: „Im Stadion habe ich mich im Griff, aber zu Hause erschrecke ich mich schon manchmal vor mir selbst und denke: ‚Was war das denn jetzt von dir?' Ich lebe jetzt alleine, mein Mann ist vor fünf Jahren leider verstorben. Ich bin zu Hause immer total aufgeregt und habe ein festes Ritual: Vor dem Anpfiff zünde ich eine Schalke-Kerze an, lege einen S04-Wimpel auf den Tisch, zum Fußball gibt es ein Stück Kuchen, einen Kaffee und später ein Gläschen Wein."

Welche Rolle hat denn Falk, Ihr acht Jahre älterer Bruder, gespielt?

Ralf: „Seit wir laufen können, treten wir Brüder gegen den Ball. Ich habe Falk alles nachgemacht. Er war immer eine Art Vorbild für mich. Wenn Falk früher mit seinen Freunden gekickt hat, war ich automatisch der Jüngste. Weil keiner ins Tor wollte, wurde der kleine, dicke Junge genommen (lacht). Er hat mich später auch gefördert und zu Spielen mitgenommen. Als die ersten Angebote von Vereinen kamen, sind wir zusammen durch Deutschland gefahren. Er war quasi mein Manager."

Hätten Sie es für möglich gehalten, dass Ihr Sohn so eine Karriere macht?

Heike: „Es ist rückblickend schon verrückt – ich habe nie geglaubt, dass mal etwas Besonderes aus ihm werden könnte. Ich hoffe, ich trete dir mit dieser Aussage nicht auf den Schlips."

Ralf: „Ganz und gar nicht. Wissen Sie, wir kommen aus Chemnitz und sind sehr bodenständig aufgewachsen. Die Bundesliga war für uns im Osten ganz weit weg. Die kannten wir nur aus dem Fernsehen. Der Traum war eher, dass ich vielleicht mal bei den Profis von Chemnitz spiele. Aber Bundesliga? Niemals! Für mich als Kind war trotzdem insgeheim klar, dass ich Fußballer werden will. Meine Mutter hat letztens erst wieder Malbilder von mir aus dem Kindergarten gefunden. Da habe ich mich schon als Fußballer gemalt. Mit 13 kamen dann die ersten Angebote. Plötzlich riefen Bremen, Wolfsburg, Freiburg oder Schalke an. Da bekommst du als kleiner Junge schon weiche Knie."

Wie viel Zeit blieb für die Entscheidung, aufs Internat von Schalke zu wechseln?

Heike: „Der Chemnitzer FC, sein Heimatverein, wollte ihm einen Fördervertrag über vier Jahre geben. Das war uns zu lang. Es mussten dann in kürzester Zeit Nägel mit Köpfen gemacht werden. Ich wollte ihn erst nicht gehen lassen. Mein Mann und mein großer Sohn haben auf mich eingeredet: ‚Lass ihn doch. Wenn's nix wird, kann er immer noch zurückkommen.' Ich habe gesagt: ‚Zurückkommen? Das ist doch wie sitzen bleiben.'"

Ralf: „Für mich war klar: Ich mach's! Schalke hat mich einfach gepackt. Helmut Schulte [damals Nachwuchsleiter; d. Red.] ist sogar zu uns nach Hause gekommen und hat ein Trikot mit meinem Namen mitgebracht. Später nahm sich sogar der große Rudi Assauer Zeit für uns."

Heike: „Das war alles so surreal für uns. Gestern noch vor dem Haus im Hof gespielt und zack: Plötzlich ist dein Sohn mit 14 weg. Für mich waren damals die Rahmenbedingungen ausschlaggebend. Das Internat mit Schule und Rundumbetreuung haben mich überzeugt. Nur die Entfernung war schlimm. Wir hatten damals noch kein schnelles Auto und konnten ihn ja kaum besuchen. Ein Hotel konnten wir uns nicht leisten. Mein Mann war oft auf Montage. Am Anfang hattest du schon ganz schön Heimweh."

Ralf: „Das stimmt. Die Anfangszeit war echt hart. Da hat mir Schalke sehr geholfen. Alle haben gesagt: ‚Ralf, wenn es deinem Herz nicht gut geht, kannst du nicht mit Freude dabei sein. Fahr mal für ein paar Tage nach Hause.' Die Internatsmutter Danny Matuschak hat mich oft in den Arm nehmen müssen."

Wie ist das, wenn der Sohn auf einmal eine Ersatzmutter hat?

Heike: „Die Frage wurde mir so direkt noch nie gestellt. Ganz ehrlich: Es hat mir schon einen Stich gegeben. Oft hieß es: ‚Aber die Danny hat gesagt, wir machen das so.' Ich dachte dann nur: Ist ja schön, wenn sie das sagt, aber irgendwie wäre es ganz schön, wenn du als Mutter auch noch was zu sagen hast. Im Großen und Ganzen war mir wichtig, dass der Junge da drüben gut aufgehoben war. Ich muss sagen, dass alles zu 100 Prozent so eingetreten ist, wie es uns versprochen wurde. Alle haben sich rund um die Uhr um Ralf und die anderen Jungs gekümmert."

Heike: „Ich habe in Vorbereitung auf dieses Gespräch viel nachgedacht. Da sind viele Sachen wieder ins Gedächtnis gekommen, die man verdrängt hat. Wie schwer das alles wirklich war. Wie oft ich geheult habe. Wenn wir uns verabschiedet haben, habe ich oft zu meinem Mann gesagt: ‚Der Kleine steht am Fenster und heult, ich heule hier im Auto. Ist das alles Sinn der Sache?' Das hat mich schon sehr mitgenommen. Ich habe nie gesagt: Junge, komm zurück. Aber ich musste mich echt zusammenreißen."

Das Durchhalten hat sich gelohnt. Ihr Sohn wurde Profi, U21-Nationalspieler, er hat in Schalke, Frankfurt, aber zum Beispiel auch in England gespielt. Eine schöne Karriere. Was bedeutet heute Luxus für Sie?

Ralf: „Wir haben ja vorhin darüber gesprochen, dass wir nie im Urlaub waren. Zuletzt waren meine Eltern in Dubai, und sie sind in New York mit dem Helikopter über Manhattan geflogen. Wir haben mittlerweile die Mittel, um ihnen das zu ermöglichen. Ich will meiner Mama etwas zurückgeben. Für mich selbst bedeutet Luxus: tief durchatmen zu können. Gesund sein. Bist du gesund, kannst du das Leben beschwerdefrei genießen. Natürlich fahre ich jetzt auch ein schönes Auto. Aber ich bin null materiell eingestellt."

Apropos. Was sagt Mutter Fährmann über den Sohnemann, wenn er sich, wie vor vier Jahren, einen Ferrari GT 488 kauft?

Heike: „Ich war stinksauer und dachte nur: Das kann doch nicht wahr sein, ist er denn jetzt völlig verrückt geworden? Das war schon dekadent."

Ralf: „Ich kann verstehen, dass du das jetzt sagst. Mittlerweile habe ich den Ferrari nicht mehr. Ich würde aber nicht ausschließen, dass ich mir irgendwann nach der Karriere wieder einen zulege. Ich gehe in dem Ding total auf. Um ehrlich zu sein, war ich erschrocken, wie die Gesellschaft darauf reagiert hat. Du kriegst immer einen Spruch gedrückt, an jeder Ampel. Die Eltern haben den Kindern teilweise die Augen zugehalten."

Ihr Sohn hat sich dann irgendwann auch die ersten Tattoos stechen lassen. Haben Sie sich mittlerweile damit abgefunden, Frau Fährmann?

Heike: „Ja, aber das hat echt eine Weile gedauert. Ich war anfangs schon sehr strikt dagegen. Das mit den Tattoos war das erste Mal..."

Ralf: „... dass ich rebelliert habe?"

Heike: „Ja. Das war das erste Mal, dass er etwas ohne meine Genehmigung gemacht hat. Wann war das mit dem ersten Tattoo?"

Ralf: „Da war ich 25 Jahre alt. Ich habe bloß den linken Arm und hier ein bisschen was (zeigt auf den linken Unterarm). Meine Tattoos haben aber alle eine persönliche Bedeutung. Ich habe zum Beispiel die Namen meiner Eltern und meines Bruders auf dem linken Arm: Jürgen, Heike und Falk."

Heike: „Da habe ich damals gedacht: Oh mein Gott, er schreibt unsere Namen auf den Arm. Da gehört auch noch die Frau drauf."

Ralf: „Ich habe ja noch Platz (lacht)."

Sie haben auch eine Uhr auf den rechten Arm tätowiert, auf der immer 19.04 Uhr ist. 1904 ist das Gründungsjahr des FC Schalke 04.

Ralf: „Damit möchte ich meine enge Bindung zu diesem besonderen Verein ausdrücken. Egal was in der Zukunft passiert, ich bleibe immer Schalker. Dieser Verein ist ein Riesenteil meines Lebens."

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Kommentare (1)

  • Peter Wilke
    am
    Eine ganz erstaunliche Entdeckung, die ich hier gemacht habe!
    Ich (*1940) kannte als Kind seinen Großvater, Hanns-Peter Fährmann (1929—2014), Sohn des Zahnarztes im Grenzgraben, Wohnung Rosentor 2. Der war ein begnadeter Maler. Er unterrichtete in seiner Freizeit in der Bernsdorfer Grundschule (heute Goethegymnasium) nachmittags Zeichnen. Ich habe ihn sehr geschätzt und bewundert. 50 Jahre nach meiner Emigration nach Württemberg suchte ich neuen Kontakt zu ihm, leider kam es 2004 nicht mehr zu einer Begegnung. Ich wünsche dem Enkel weiter viel Erfolg als Torwart!

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