Deutschland ist eine Torwart-Nation. Illustre Namen wie Sepp Maier, Bodo Ilgner oder Oliver Kahn zieren die Annalen der Torhüterriege der Nationalmannschaft. Und auch in der Ägide von Jogi Löw wird diese Tradition nahtlos weitergeführt.
Beginnen wir gleich mal mit unser jetzigen unangefochtenen Nummer Eins: Bei der EM kann sich das deutsche Team auf einen sicheren Rückhalt verlassen. Wenn man Manuel Neuer (Bayern München) als den derzeit besten Keeper der Welt bezeichnet, dann muss man sich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen. Der 30-jährige wurde drei Mal in Folge zum Welttorhüter des Jahres gewählt und auch beim letzten großen Turnier, der WM 2014, als bester Schlussmann prämiert.
Durch seine proaktive Spielweise hat er das Torwartspiel revolutioniert. Mit enormer Gedankenschnelle beim Abschlägen und Abwürfen war wohl noch nie ein Torwart so exorbitant an der Spieleröffnung beteiligt wie Neuer. Stark ist er dazu beim Herauslaufen – auch wenn dem geneigten Fan dabei so manches Mal der Atem stockt. „Manu der Libero“ ist in Anlehnung zu „Manni der Libero“ mittlerweile zu einem geflügelten Wort geworden. Mithilfe eines hohen Maßes an Spielintelligenz werden die Pässe der Gegner antizipiert und durch das Herausstürmen unschädlich gemacht.
Selbstredend stimmen aber auch die anderen Qualitäten. Wenngleich bei Bayern nicht so oft geprüft, ist er, wenn es denn drauf ankommt, meistens zu 100 Prozent zur Stelle. In den 34 Spielen in der Bundesliga hielt er stolze 21 Mal seinen Kasten sauber. Vor allem seine Reflexe und das Stellungsspiel verhelfen Neuer immer wieder dazu, Großchancen spektakulär zu vereiteln.
Bei weitem nicht so klar wie die Nominierung der Nummer eins ist der Kampf um den Platz auf der Ersatzbank. Ron-Robert Zieler hat wie von vielen erwartet seinen Platz im Team eingebüßt. Für ihn werden Marc-Andre Ter Stegen (FC Barcelona) und Bernd Leno von Bayer Leverkusen den Weg nach Frankreich antreten. Laut Torwarttrainer Andi Köpke gibt es allerdings (noch) keine klare Rangordnung, wer denn nun die Nummer zwei wird.
Auch nach dem jüngsten Vorbereitungsspiel gegen die Slowakei (1:3) dürften Jogi Löw und Köpke nicht viel schlauer sein.
Für Ter Stegen (24) spricht die Erfahrung von mehr Länderspielen sowie Auftritten mit dem FC Barcelona in der Champions League. Mit dem Ball am Fuß bezeichnen ihn einige Experten als einen der Besten weltweit, sein Passspiel und seine Abschläge sind herausragend. Und auch der Champions League-Sieg 2015 mit Barcelona kommt nicht von ungefähr. Gleichsam gilt er als etwas talentierter als sein gleichaltriger Konkurrent. Gegen die Slowakei hat man allerdings sein großes Manko gesehen: Vor allem im Dress des DFB ist Ter Stegen immer wieder für große Schnitzer gut.
Bernd Leno ist eher ein sachlicher Typ. Seine Aktionen sind nicht spektakulär, dafür sehr solide. Vor allem seine Reflexe zeichnen ihn aus. Die Frage ist allerdings, ob Leno schon bereit ist für die richtig großen Spiele.
In das moderne Spielsystem der Nationalmannschaft passen beide. Es bleibt spannend, wer den zweiten Platz hinter Manuel Neuer ergattern kann.