Auch wenn Marc-André ter Stegen sich in Interviews optimistisch zeigt: Der Wechsel des chilenischen Nationalkeepers Claudio Bravo dürfte ihn durchaus überrascht haben. Ein harter Zweikampf steht bevor. Die torwart.de-Analyse!
Freundlich aufgenommen wurde der Ex-Gladbacher in Barcelona. Die Fans applaudierten brav, als der Keeper im ersten Training vorgestellt wurde. Es schien aber am Ende mehr eine Höflichkeitsbeziehung als pure Liebe zu sein, die sich dort anbahnte. Anders dagegen euphorisierten die Fans beim Namen „Bravo“ und rollten Spruchbänder für den Keeper aus. Bravo polarisiert und hat alleine schon durch seine sprachliche Nähe Vorteile bei den Fans. Dennoch findet ter Stegen nur lobende Worte. Der Torwart über Barca: „Es ist alles perfekt, viel besser, als ich es erwartet habe. Alles ist perfekt organisiert, viel professioneller als in Mönchengladbach. Die Trainingseinheiten für uns Torhüter sind aber ganz anders als in Deutschland .“ Dennoch geht es für ter Stegen, um die Nummer 1: „Ich habe mich nie damit beschäftigt, nicht zu spielen. Ich möchte spielen und Titel gewinnen.“ Zu seinen Konkurrenten Bravo und Jordi Masip (25) meint der Torwart: „Nach der kurzen Zeit kennen wir uns natürlich noch nicht so intensiv. Aber es sind gute Jungs, wir haben Spaß zusammen im Training.“ Im zweiten Vorbereitungsspiel auf die neue Saison gegen den französischen Erstligisten OGC Nizza durfte aber ter Stegen dann auch als Nummer eins ran. Am Ende gab es zwar nur ein 1:1 (0:1), aber ter Stegen zeigte seine Duftmarke im Spiel durchaus und hielt einige Male stark.
Sein Konkurrent Bravo scheint aber nicht aufgeben zu wollen. Der Keeper gegenüber Radio Catalunya: „Der Konkurrenzkampf bei Barca ist gesund. Wir drei Torhüter haben die gleichen Chancen, Stammspieler zu werden.“ Und lobt seinen Konkurrenten: „Mich haben viele Dinge bei ter Stegen überrascht. Er ist ein großartiger Torwart auf der Linie .“ Dennoch folgte die Kampfansage: „Ich war noch nie die Nummer 2.“ Dabei hofft er auch, ein kurioses Erlebnis zu wiederholen. Er möchte sich als erster Keeper bei Barcelona als Feldtorschütze verewigen. Am 14. Februar 2010 schoss Bravo sein erstes Tor, als er einen direkten Freistoß verwandelte. Gegner war damals Gimnàstic de Tarragona. Damit kann ter Stegen (noch) nicht dienen.
Am Ende schielt auch noch Barca-Eigengewächs Jordi Masip auf den Platz im Tor. Ihm werden aber nur Außenseiterchancen eingeräumt. Auf jeden Fall ist trotz aller Harmonie auf jeden Fall Konfliktpotential im Tor möglich. Sowohl ter Stegen als auch Bravo sind zu stark, um als Nummer zwei auf der Bank zu warten. Wer am Ende den Handschuh vorne ist? torwart.de wagt die Analyse:
Fußballerische Stärken: Ter Stegen wurde vor allem wegen
seiner fußballerischen Qualitäten von Barca geholt. Er gilt als optimaler Mitspieler
und kann sich nahtlos in das Spiel einreihen. Bravo gilt ebenfalls als guter
Mitspieler, jedoch ist er nicht ganz so stark was die Pässe angehen. 1:0
ter Stegen.
Auf der Linie: Hierbei machen sich beide nichts vor. Ter
Stegen wurde schon mit Oliver Kahn mal verglichen und Bravo ist für seine schnellen
Reflexe bekannt. Dabei befinden sich beide auf einem ähnlichen Niveau und sind
stark auf der Linie. 2:1 ter Stegen.
Raumverteidigung: Bei der WM konnte Claudio Bravo (1,85m)
u.a. auch im Bereich der Raumverteidigung, d.h. bei Bällen in die Tiefe und
bei hohen Bällen in den Strafraum überzeugen. Bis auf eine kleine Schwäche im
Spiel gegen Brasilien als er knapp an einer Flanke vorbeisegelte, spielte er
in diesem Bereich sehr souverän und agierte dabei mit großem Selbstvertrauen.
Marc-André ter Stegen wirkte in der Vergangenheit bei hohen Bällen trotz seiner
1,89m nicht immer sattelfest. Leicht Vorteile für Bravo: 2:2
Herkunft: Bravo kam von Real Sociedad für 12 Mio Euro
nach Barcelona. ter Stegen kam vor der Saison für 12 Mio aus Gladbach zu Barca.
Beide Keeper haben Erfahrungen in ihren Ligen gesammelt, beide schnupperten
bereits am internationalen Geschäft. Jedoch hat hier keiner einen deutlichen
Vorteil. 3:3
Persönlichkeit: Der Ex-Gladbacher dirigiert zwar viel
und lautstark, doch in Spanien wird er erst mal mit der Sprache zu kämpfen haben.
Auch wirkt er noch nicht ganz so dominant wie Bravo im Tor auf seine Mitspieler.
Ungeheuer groß könnte auch der Druck sein, den ter Stegen auf seinen
Schultern trägt. Hier scheint der reifere Bravo Vorteile zu haben. 3:4
für Bravo
Erfahrung: Bravo gilt hierbei mit seinen über 80 Länderspielen
als deutlich erfahrener. Als Kapitän führte er seine Mannschaft zur Weltmeisterschaft
2010 und Weltmeisterschaft 2014, schied aber im Achtelfinale nach Elfmeterschießen
gegen Brasilien aus. Ter Stegen dagegen konnte im Adler-Dress bisher noch nicht
überzeugen. 3:5 Bravo
Zukunft: Bravo ist 31, ter Stegen deutlich jünger. Aber
auch Bravo unterschrieb einen Vierjahresvertrag bis zum 30. Juni 2018; seine
Ausstiegsklausel liegt bei 40 Mio. Euro.[ Es scheint wohl so, dass mit beiden
langfristig geplant werden soll. Leichter Vorteil ter Stegen 4:5 Bravo
Fazit: Am Ende steht also ein knapper Zweikampf auf dem Schirm, von zwei Torhütern, die sich nicht viel schenken werden. Momentan sehen wir leichte Vorteile bei Claudio Bravo. Marc-André ter Stegen benötigt eine Topleistung, wenn er in den möglichen großen Champions-League-Spielen im Laufe der kommenden Saison gegen den FC Bayern das Tor von Barca hüten möchte.
Update 6.8.15 Beim gestrigen Freundschaftsspiel gegen Nealep unterlief Claudio Bravo
in seinem ersten Spiel für Barco ein Torwartpatzer. Er sah beim 0:1-Gegentor unglücklich aus.