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Ann-Katrin Berger: Eine Einordnung

Ann-Katrin Bergers Turnier: Zwischen Genie und tragischem Fehler

Autor: T. Rübe - 25.07.2025

Im Finale der Frauen-Europameisterschaft treffen der amtierende Europameister England auf den amtierenden Weltmeister Spanien. Beide Teams mussten im Halbfinale jeweils über 120 Minuten an ihre Grenzen gehen. Während England in den Duellen gegen Schweden und Italien nicht unbedingt als Favorit galt, war Spanien in den Begegnungen gegen die Schweiz und Deutschland jeweils der Goliath.

Der entscheidende Moment: Ein Gegentor mit Folgen

Gerade gegen eine unermüdlich kämpfende deutsche Mannschaft war es ein sehr enges Spiel, das letztlich durch ein Tor von Weltfußballerin Aitana Bonmatí für "La Roja" entschieden wurde. Zur tragischen Heldin wurde in diesem Spiel Ann-Katrin Berger. 115 Minuten lang war die 34-Jährige schier unüberwindbar, dann unterlief ihr ein folgenschwerer Fehler: Bonmatí schoss fast von der rechten Grundlinie in die kurze Ecke.

Berger spekulierte in dieser Szene auf eine Hereingabe und signalisierte ihrer Verteidigung, dass die scharfe Hereingabe verteidigt werden sollte. Die Keeperin selbst ging bereits einen Schritt nach vorn, um eine mögliche Hereingabe abzufangen, und verlagerte ihr Gewicht auf den rechten Fuß. Somit ließ sie die kurze Ecke offen. Anschließend übernahm die 1,80 m große Torhüterin die Verantwortung für den Gegentreffer: “Es ist meine Schuld. Ich bin enttäuscht von mir selbst. Es tut mir furchtbar leid, dass ich in dem Moment nicht da sein konnte. Die Mannschaft hatte es so verdient, im Finale zu stehen.”

Rückendeckung vom Team und Parallelen zu Oliver Kahn

Verteidigerin Rebecca Knaak nahm ihre Torhüterin jedoch in Schutz: "Ihr muss überhaupt nichts leidtun. Was sie bei diesem Turnier geleistet hat, ist außergewöhnlich. Hier soll sich niemand einen Vorwurf machen. Sie hat uns im letzten Spiel im Turnier gehalten. Sie ist eine Wahnsinnspersönlichkeit und Torfrau." Das Turnier der Keeperin, die in den USA beim Gotham FC spielt, wies gewisse Parallelen zu Oliver Kahn bei der Weltmeisterschaft 2002 auf. Bis zum Finale war Kahn auf einem unglaublichen Niveau, um dann im Finale entscheidend zu patzen.

Auch bei Berger war es ähnlich. Gegen Spanien war sie der Fels in der Brandung und zeigte eine unfassbar abgezockte Leistung. Vor den Augen ihres Opas, der für sie einen riesigen Stellenwert hat, war sie präsent und hatte immer wieder ein kleines Lächeln auf den Lippen. Nichts schien Berger aus der Ruhe zu bringen. Sie wirkte regelrecht locker bis zur 115. Minute. Eine Rolle spielt dabei auch eine schwere Erkrankung. Sie musste zweimal gegen Schilddrüsenkrebs kämpfen und kam jeweils stärker als zuvor zurück. Sie sagte selbst einst, dass man beim Fußball auch auf höchstem Niveau nicht nervös sein sollte – es sei nur Fußball. Genau so trat Berger aber auch bei der Europameisterschaft auf. Sie ging im eigenen Strafraum ins Dribbling, spielte im Rahmen der Spieleröffnung riskant und leistete sich gegen Schweden mehrere Fehlpässe, die jeweils Gegentore zur Folge hätten haben können.

Bergers Kampfgeist und unkonventioneller Spielstil

Im Allgemeinen spielte sie gegen Schweden im letzten Vorrundenspiel schwach – wie letztlich auch die gesamte Mannschaft. Allein an der Torhüterin war die Niederlage nicht festzumachen. Gegen Frankreich und auch gegen Spanien bis zum Gegentor war sie auf einem Level, das man im Frauenfußball so bisher kaum gesehen hat. Lediglich eine gewisse Nadine Angerer im Weltmeisterschaftsfinale 2007 gegen Brasilien strahlte etwas Ähnliches aus.

Berger hat trotz ihrer Wackler ein bemerkenswertes Turnier gespielt – wandelte gewissermaßen zwischen Genie und Wahnsinn, doch wirkte sie stets in sich ruhend. So von sich überzeugt zu spielen, ohne arrogant zu wirken, war unter Torhüterinnen noch nicht gesehen. Auch im Männerfußball sucht man derartige Persönlichkeiten lange. Eine ähnliche Ausstrahlung besitzt heutzutage noch Manuel Neuer. Weitere Torhüter, die ähnlich ruhig und im positiven Sinne über den Dingen schwebend spielen, gab es in der Vergangenheit nur wenige. Lew Jaschin war ähnlich, auch ein Sepp Maier, aber eine Frau – das war bis zu diesem Turnier auf großer Bühne noch nicht vorgekommen.

 

Die Heldentat gegen Frankreich: Eine Parade für die Ewigkeit

Natürlich war Berger bei der Europameisterschaft nicht fehlerfrei. Sie hatte sogar ein komplett schwaches Spiel. Als die Mannschaft aber wirklich darauf angewiesen war, war Berger mit einer schier übermenschlichen Präsenz da. Gegen Frankreich setzte sie sich in der Verlängerung mit einer einzelnen Parade ein kleines Denkmal. Als Minge einen Abschluss auf das eigene Tor lenkte, war es "Anne", wie sie in der Mannschaft liebevoll genannt wird, die abhob und den Ball regelrecht von der Linie zauberte. Eine Parade ähnlicher Bedeutung hatte 2006 Gigi Buffon im Halbfinale gegen Deutschland, als er seinerzeit gegen Lukas Podolski reflexartig abhob und mittels Übergreifens einen wuchtigen Schuss noch über die Latte lenken konnte.

Italien mit Buffon erlebte damals ein Happy End. Dieses blieb Ann-Katrin Berger und Deutschland verwehrt. Berger, die schon bei Olympia im Vorjahr als Nummer 1 agierte, bleibt somit die Unvollendete – auf einem unfassbaren Niveau und dennoch auch mit den Fehlern menschlich.


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