torwart.de: Du hattest ja eine Vielzahl unterschiedlicher Torwarttrainer, von denen Du lernen konntest. Unter welchem hast Du Deiner Meinung nach den größten Schritt gemacht?
Tom Starke: Das war sicherlich mit 18-20 Jahren unter Werner Friese und Rüdiger Vollborn. Einfach der Tatsache geschuldet, dass ich in Leverkusen ein kontinuierliches und vor allem individuelles Torwarttraining bekommen hatte. In Dresden zuvor war das nicht der Fall gewesen. Seitdem habe ich dann von jedem meiner Trainer einige Aspekte hinzugewonnen. Von Schumacher sicherlich Selbstvertrauen, die Ausstrahlung von Präsenz etc. Von Ronny Teuber habe ich viele Aspekte im Umgang mit meinem Körper, also Prävention und eine effektive Vorbereitung aufs Spiel gelernt. Insgesamt betrachtet bin ich also das Produkt verschiedener Philosophien, die ich zu meiner eigenen zusammengefügt habe.
torwart.de: Hast Du Dir auch einiges bei anderen Keepern abgeschaut?
Tom Starke: Sicher. Man schaut ja immer was andere Keeper anders machen und ob sie damit Erfolg haben. Solche Beobachtungen fließen dann auch in das eigene Spiel mit ein.
torwart.de: Hast Du denn ein Vorbild?
Tom Starke: Edwin van der Saar. Er ist jetzt 40 und spielt immer noch auf Top-Niveau. Er gilt ja auch als Vorreiter des antizipierenden Spiels und verkörpert eine Spielweise, an der ich meine eigene sicherlich in großen Teilen angelehnt habe. Aber ich bin mit meiner Entwicklung ja noch nicht am Ende.
torwart.de: Stichwort Antizipation. Dein neuer Torwarttrainer Zsolt Petry bringt diesen Aspekt auch verstärkt in seinem Training ein. Ein neuer Aspekt für Dich?
Tom Starke: Nein. Auch in Paderborn unter Luhukay wurde das schon verstärkt eingebracht. Das antizipierende Spiel gewinnt ja allgemein an Bedeutung. Man muss nur die ganzen jungen Keeper in der Liga mal anschauen, die spielen alle so. Das ist ein ganz anderer Torwartstil als ihn zum Beispiel Oliver Kahn praktiziert hat. Das ist aber ganz wertfrei betrachtet, Kahn war ja auch ein Super-Keeper.
torwart.de: Wie wird dieser Aspekt denn genau trainiert?
Tom Starke: Einen Großteil nimmt sicherlich das Erlernen der Körpersprache des Gegenübers ein. Man versucht Situationen und Spieler richtig einzuschätzen. Spielt der Mittelfeldspieler jetzt den Pass in die Tiefe oder nicht. Um dies erkennen zu können, übernehmen die Torhüter auch einmal selbst die Rolle des Stürmers, um dessen Entscheidungsprozesse besser nachvollziehen zu können. Hier in Hoffenheim wird das auch so gehandhabt, dass die Keeper mit dem Rest der Mannschaft trainieren, also nicht isoliert agieren. Hier lernen wir viel über Spielformen, Technik etc. Das hilft später beim Spielverständnis und somit auch beim eigenen antizipierenden Spiel.
torwart.de: Durch Deine Erfahrungen hast Du Dir ja auch allgemein ein gewisses Standing erarbeitet. Wie wichtig ist so etwas für eine Mannschaft?
Tom Starke: Ich denke der Torwart hat eine enorme Bedeutung auch für den Rest der Mannschaft. Er ist eben nicht nur der oftmals deklarierte Einzelkämpfer, sondern wirkt auf seine Vorderleute massiv ein, sei es nun durch seine Ausstrahlung oder auch verbal. Wenn die Vorderleute wissen, dass da jemand ist der ihnen den Rücken freihält, auf den sie sich verlassen können, können sie viel befreiter nach vorne spielen.
torwart.de: Ist der Keeper also die anspruchsvollste Position auf dem Platz?
Tom Starke: Nein, aber eine sehr außergewöhnliche. Nirgends ist es leichter vom Helden zum Deppen oder andersrum zu werden.
torwart.de: Was macht für Dich einen guten Torwart aus?
Tom Starke: Meiner Meinung nach ist es die Gesamtheit seiner Aktionen, die stimmen muss. Einen Torwart nur nach seinen Paraden zu beurteilen ist Blödsinn. Tolle Paraden sieht man auch in der Regionalliga. Zum Spiel des Torwarts gehören nun mal eine Vielzahl von Aufgaben, sei es der Spielaufbau oder auch die Ausstrahlung von Sicherheit. Die Paraden sind nur ein Aspekt, sind eigentlich das Ergebnis eines ebenfalls zu erschaffenden Fundaments.
torwart.de: In der Liga haben sich ja quasi zwei Fraktionen herausgebildet. Einmal die arrivierte Klasse, also die Altersklasse um Dich herum, dann aber auch eine zunehmende Fraktion der jungen Talente. Zeichnen sich hier für Dich irgendwelche Tendenzen heraus? Sind in Zukunft vielleicht nur noch junge Talente gefragt?
Tom Starke: Man muss beachten, dass der Einsatz vieler der heute etablierten Talente aus der puren Not heraus geboren war. Zudem entstammten sie alle der eigenen Jugend, keiner von Ihnen wurde neu verpflichtet. Die Vereine schauen bei der Wahl ihrer Torhüter halt nach bestimmten Kriterien, wie zum Beispiel Charakter, Spielphilosophie oder auch Potential. Junge Keeper, die all diese Kriterien erfüllen, sind zu einem bezahlbaren Preis auf dem Transfermarkt eigentlich nicht zu bekommen. Wenn also die Vereine einen neuen Keeper verpflichten wollen, greifen sie eben auch zu erfahreneren Kräften. Das wird auch in Zukunft so sein.
torwart.de: Viele Keeper, gerade im Amateurbereich, beschäftigen sich passioniert mit ihrer Ausrüstung. Welcher Aspekt ist hierbei für Dich wichtig?
Tom Starke: Für mich war immer die Haltbarkeit der maßgebliche Faktor. Hiermit geht dann zwangsläufig auch die Frage der Pflege einher, man beschäftigt sich mit dem Material etc. Aber die meisten Innovationen auf dem Torwartmarkt lassen mich eher kalt, ich habe eigentlich seit zehn Jahren das gleiche Modell. Und schlicht sollte es sein, ich bin kein Fan von überzogener Optik.
torwart.de: Die meiste Zeit Deiner Profikarriere hast Du mit Handschuhen von NIKE gespielt. Was gefällt Dir an den Handschuhen besonders?
Tom Starke: NIKE und mich verbindet schon lange eine sehr enge Partnerschaft. Als NIKE in den Handschuhmarkt eingetreten ist, waren Roman Weidenfeller und ich die ersten Profitorhüter, die von ihnen ausgerüstet wurden. Dadurch wurden wir von auch sehr eng in die Entwicklung der Handschuhmodelle einbezogen. Aktuell finde ich bei den Handschuhen sehr gut, dass der neue gurtartige Klettverschluss entwickelt wurde. Dadurch hat man eine optimierte Stabilität und der Handschuh sitzt optimal. Aber abgesehen davon findet man eigentlich bei jedem Hersteller einen Handschuh, der für die eigenen Ansprüche optimal passt. Darum konnte ich es auch verkraften, als ich in Duisburg notgedrungen den Ausrüster wechseln musste.
torwart.de: Zum Schluss natürlich noch die Frage, wo Du Deine Zukunft siehst?
Tom Starke: Ganz klar im fußballerischen Bereich. Ich kann mir auf jeden Fall ein Traineramt vorstellen, vorzugsweise im Jugendbereich. Ich denke ich kann das und will auch Kindern helfen, sich weiter zu entwickeln. Ob ich das dann mein Leben lang machen werde, weiß ich nicht. Aber als ersten Schritt nach meiner aktiven Karriere kann ich mir das sehr gut vorstellen.
torwart.de:Tom, danke für das ausführliche Gespräche.
Tom Starke: Sehr gerne.
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