Frank Lehmann absolvierte in der vergangenen Saison beim Drittligisten FC Heidenheim seine erste Saison als Nummer 1. Dabei verfehlte Heidenheim den Aufstieg in die 2. Bundesliga nur sehr knapp. Frank Lehmann durchlief in jungen Jahren die Torwartschule des VfB-Stuttgart. Im torwart.de-Interview gibt Lehmann Einblicke in seinen bisherigen Karriereverlauf und welche Ziele er sich für die Zukunft setzt.
torwart.de: Trotz deiner jungen Jahre hast du schon eine Menge in Sachen Profifußball erlebt. Du warst bereits im Kader bei Eintracht Frankfurt und hast auch schon Zweitligaerfahrung in Cottbus vor Deinem Wechsel nach Heidenheim gesammelt. Was waren die Gründe für Dich vor zwei Jahren von Liga 2 zum Drittligisten Heidenheim zu wechseln?
Frank Lehmann: Das Problem lag darin, dass der geplante Transfer von Gerhard Tremmel platzte und er doch in Cottbus geblieben ist. Damit war klar, dass es für mich schwierig wird. Zudem wurde Lars Hirschfeld verpflichtet, mit dem ich eigentlich in den Konkurrenzkampf gehen sollte. Ich habe die schwierige Situation aber gut weggesteckt und mich immerhin zur Nummer 2 heran gekämpft. Nach dem Jahr in Cottbus auf der Bank habe ich mir aber gesagt, dass ich so langsam wieder Spielpraxis brauche. Deswegen bin ich nach Heidenheim gewechselt, mit der Aussicht dort die Nummer 1 zu werden.
torwart.de: Wobei im ersten Jahr in Heidenheim Erol Sabanov noch vor dir stand. War dies so geplant?
Lehmann: Natürlich möchte man grundsätzlich immer gleich spielen. In diesen Fall war es aber klar, dass Sabanov noch ein Jahr machen wird und ich in diesem Jahr herangeführt werden sollte. Für mich war es somit absehbar, dass ich früher oder später die Nummer 1 werde. Deswegen habe ich nochmals auf die Zähne gebissen und einfach Gas gegeben. Letztendlich ist auch alles so gekommen wie es vereinbart war. Ich bereue den Schritt nicht, da ich in Heidenheim sehr glücklich bin. Der Verein unterstützt mich in allen Belangen super.
torwart.de: Ihr habt mit Heidenheim eine super Saison gespielt, seid ganz knapp am Aufstieg in die 2. Bundesliga gescheitert. Welches Gefühl überwiegt jetzt bei dir? Die Enttäuschung über den verpassten Aufstieg oder die Freude darüber, dass du dich als Torhüter in der 3. Liga etabliert hast.
Lehmann: Die Enttäuschung über den verpassten Aufstieg ist schon groß. Er wäre Wahnsinn gewesen, wenn ich in meinem ersten Jahr als Nummer 1 in der 3. Liga gleich so einen Erfolg geschafft hätte. Der Aufstieg war auch unser Ziel. Von daher sind wir sehr enttäuscht, dass es nicht geklappt hat, zumal wir oftmals unnötig Punkte haben liegen lassen. Daher überwiegt jetzt mehr der Schmerz über den Nichtaufstieg.
torwart.de: Wie geht es von deiner persönlichen Zielsetzung her weiter? Dein Motto lautet: „Wer denkt etwas zu sein hat aufgehört etwas zu werden“. Wie bedeutet das für dich bezogen auf deine Torwartkarriere?
Lehmann: : Ich mag die Leute nicht, die ein paar Spiele irgendwo höherklassig gemacht haben und dann gleich abheben. Man darf nie vergessen, wo man her kommt, egal was man erreicht. So bin ich erzogen worden und deshalb auch dieses Motto. Zu meinen Zielen: Ich möchte natürlich so hoch wie möglich spielen, klar. Aber ich finde gerade in der Position als Torhüter muss man geduldig sein. Von daher möchte ich es langsam aufbauen. Ich bin erst 23 geworden, habe noch alle Zeit der Welt. Momentan fühle ich mich in Heidenheim sehr wohl und möchte mich voll auf die neue Saison konzentrieren und alles geben, dass es in der kommenden Saison Jahr mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga klappen wird.
torwart.de: Du bist ein Schüler aus der Torwartschule des VfB Stuttgart. Wie erklärst du dir, dass gerade so viele junge Torhüter im oberen Bereich den Durchbruch geschafft haben?
Lehmann: Das ist eine logische Konsequenz aus der hervorragenden Arbeit der letzten Jahre. Ich denke, Deutschland hat weltweit die beste Torwartausbildung. Ich durfte dies ja beim VfB miterleben. Daher ist diese Entwicklung für mich nicht verwunderlich. Wobei es vor ein paar Jahren ja immer hieß, die jungen Torhüter sind zwar talentiert, aber die brauchen noch Erfahrung. Anscheinend hat es da aber eine kleine Wende gegeben und viele Vereine bauen jetzt nicht nur auf Erfahrung, sondern vertrauen auch auf die Jungen.
torwart.de: Wie wichtig ist für dich der Torwarthandschuh an sich als Handwerkszeug?
Lehmann: Torwarthandschuhe waren für mich schon seit klein auf sehr wichtig. Ein bisschen bin ich auch verrückt danach, um ehrlich zu sein. Sie sind ja eine Art Lebensversicherung für mich. Deswegen bin ich sehr froh, dass ich die tolle Unterstützung von meinem Handschuhlieferanten schon seit vielen Jahren hinweg habe. Als Torhüter muss das Material einfach passen. Das ist mir sehr wichtig.
torwart.de: Dein Handschuh wird sich auch nicht jedes Jahr grundlegend ändern oder bist du einer, der viel experimentiert?
Lehmann: Eher nicht. Vom Belag her vertraue ich schon seit Jahren auf den gleichen Belag. Auch beim Schnitt habe ich mich auf ein Grundmodell mit Innennaht festgelegt, welches ich weitestgehend beibehalte. Es sind eher Kleinigkeiten zur Optimierung, die angepasst werden.
torwart.de: Gerade Leute, die nicht im Tor spielen, haben teilweise eine andere Sicht auf das Torwartspiel. Wie gehst du mit Kritik von Medien oder auch von deinen Mitspielern um?
Lehmann: Grundsätzlich bin ich ein sehr selbstkritischer Torhüter. Sollte ich mal ein Tor bekommen haben, wo ich nicht gut ausgesehen habe, stehe ich auch dazu. Bei strittigen Situationen, wo ich vielleicht eine andere Meinung habe als die Medien, muss man als Profi darüber stehen und es einfach wegstecken. Mein Ansporn ist es dann, im nächsten Spiel wieder Vollgas zu geben und ein gutes Spiel zu zeigen, so dass ich wieder eine positive Kritik bekomme.
torwart.de: Mit wem besprichst du die fraglichen Spielsituationen?
Lehmann: Einen Tag nach dem Spiel analysiere ich mit meinem Torwarttrainer das komplette Spiel. Sowohl die schlechten als auch die guten Szenen. Spezielle Situationen schauen wir zudem auf Video an. Ansonsten bespreche ich auch ab und zu mit dem Cheftrainer bestimmte Dinge. Aber mein Torwarttrainer ist natürlich der erste Ansprechpartner.
torwart.de: Welche Eigenschaften schätzt Du an Deinem Torwarttrainer Bernd Wenig?
Lehmann: Ich schätze an Bernd, dass er seine Rolle als Torwarttrainer sehr ehrgeizig und zielstrebig ausführt. Er setzt sich sehr für uns Torhüter ein, ist sehr engagiert und bringt immer wieder neue Ideen und neue Ansätze ins tägliche Torwarttraining mit ein. Er versteht es auch, dass wir im Torwartteam sehr respektvoll miteinander umgehen und ein harmonisches Klima haben.
torwart.de: Danke und alles Gute für die Saison.
Lehmann: Bitte sehr.