Zieglers Topleistung reichte nicht
Bundesligatorhüter müssen Frühaufsteher sein. Sie können es sich nicht erlauben, erst im Laufe des Spiels zu Hochform aufzulaufen, müssen vom Anpfiff an die Konzentration geschürt haben, die Muskeln sprungbereit, das Spiel durchschauend. Nicht selten fliegt schon nach wenigen Augenblicken oder Minuten der erste Ball auf das zu beschützende Gehäuse. Während also seine Vorderleute noch seelenruhig schlummerten und versuchten sich die Müdigkeit aus den Beinen zu laufen, war Dortmunds Torhüter Marc Ziegler bereits zweimal im Einsatz gewesen. Hamburgs Trochowski, offenbar ein Frühaufsteher, hatte in der dritten und sechsten Spielminute zwei seiner berüchtigten Fernschüsse losgelassen. Ziegler Paraden bekommen noch eine zusätzliche Qualität, wenn man die Aussagen von Trochowskis ehemaligen Mannschaftskollegen Stefan Wächter studiert. „Piotr“, verriet Wächter einst, „hatte beim HSV immer den schlimmsten Schuss. Der konnte dir mit seinen Flatterbällen die Fingerkuppen abschießen.“ Zieglers Fingerkuppen sind auch nach 90 Minuten noch funktionsfähig gewesen, den mit gereisten Dortmunder Fans konnte er jedenfalls trotz schmerzender 1:0-Niederlage noch dankend zuklatschen.
Sein Gegenüber im HSV-Tor, Frank Rost, ist unter der Woche erneut von seinem scheidenden Bundesligakollegen Oliver Kahn als Kandidat für die Nationalmannschaft vorgeschlagen worden, seine Chancen sind allerdings eher gering noch einen Anruf von DFB-Coach Löw zu empfangen. Den Beweis seiner Klasse blieb Rost aber auch gegen Dortmund nicht schuldig. Er parierte souverän die kraftlose Angriffe auf sein Tor und strukturierte gewohnt engagiert die Viererkette. Viel wichtiger ist Rost jedoch im Spielaufbau geworden. Der HSV, von Defensivliebhaber Huub Stevens im flotten Spiel nach vorne an die Kette genommen, profitierte von den präzisen Abwürfen und Abstößen seines Schlussmanns. Teilweise sind die von Rost geschleuderten Bälle oft die einzigen Versuche eines schnelles Spiels nach vorne. Ein praktisches Beispiel sahen die Zuschauer am Samstag-Nachmittag in der 19. Spielminute: Rost hatte einen Angriff konsequent unterbrochen, und bereits kurz vorher den frei an der Mittellinie wartenden van der Vaart bemerkt. Sein exakter Abstoß aus der Hand landete so schnurgerade, wie ein Uwe-Bein-Pass beim Holländer, der allerdings am wachen Ziegler scheiterte.